unsere letzten tage in vietnam verbrachten wir in den
north-western highlands. zusammen mit einem amerikaner mieteten wir einen der beruehmt-beruechtigten russischen jeeps. zu unserer ueberraschung war das vehikel recht geraeumig und die harte federung verhinderte, dass wir auf den teilweise extrem holprigen strassen zu fest durchgeruettelt wurden - so konnten wir zumindest einige hirnzellen retten;-)
unsere route sah wie folgt aus: hanoi - mai chau - son lan - lai chau - tam duong - sapa - bac ha - lao cai.
tag 1: uebernachtung in
mai chau in einem typischen haus auf pfaehlen beim volk der weissen thai. das haus lag am rande der reisfelder und wir genossen eine der schoensten aussichten unserer reise. auf einem spaziergang schauten wir den menschen beim arbeiten zu. reisanbau ist knochenharte handarbeit: zuerst werden die samen im leicht unter wasser gesetzten feld gesaet. wenn die sproesslinge gute zehn zentimeter gross sind werden sie ausgerissen und in kleinen buescheln von zwei bis drei pflanzen in genuegend grossen abstaenden im nassen feld von hand neu eingesetzt. ist die pflanze gross genug wird das feld trocken gelegt. der reis beginnt auszutrocknen und kann bei genuegender reife geerntet werden. dies ist der abschluss der feldarbeit. die weitere verarbeitung laeuft aehnlich wie beim weizen: trocknen, schlagen, koerner aussortiern und nochmals trocknen (wird hier mit vorliebe auf der strasse gemacht).
unglaublich, dass die leute trotz der harten arbeit im knietiefen schlamm einem meist mit einem laecheln empfangen. einmal konnte ich mich sogar nuetzlich machen und mithelfen, saecke aufzuladen (ok, es waren nur zwei, aber immerhin;-).
tag 2: im reisefuehrer stand, dass es in
moc chau besonders leckeres yoghurt geben soll. es versteht sich von selbst, dass meine frau dort um jeden preis halt machen wollte. das yoghurt war wirklich ausgesprochen gut und wir alle verschlangen gleich zwei stueck.
nach einem kurzen besuch in einem dorf der schwarzen thai erreichten wir
son la, eine typische vietnamesische klein-stadt - nichts besonderes. diesmal waren wir froh, dass es nichts anzuschauen gab; nach der holprigen und staubigen fahrt interessierte uns nur noch die erfrischende dusche und das weiche bett!
tag 3: nudelsuppe zum fruehstueck in
thuan chau mit anschliessendem besuch des marktes: klein aber fein mit vielen verschiedenen bergvoelkern in ihren traditionellen trachten. ein so farbenfrohes treiben kannte ich bisher nur aus dem museum oder bestenfalls dem tv; als ich auf einmal mitten in dem gewuehl stand war das schon was besonderes. es war unmoeglich sich sattzusehen.
die weiterfahrt nach
lai chau gehoerte zu den schoensten abschnitten der rundreise. die enge strasse wand sich ueber hohe paesse, vorbei an steilen terrassenfeldern, kleinen doerfern, bueffel reitenden kindern und bunt gekleideten frauen. kein gipfel war zu steil um nicht irgendwas anpflanzen zu koennen. ich dachte, berge seien mir vertraut. weit gefehlt, hier folgte eine freudige ueberraschung auf die naechste:-)
tag 4: auch dieses teilstueck war im hoechsten masse malerisch. wir waren froh, dass es nur ein kurzer weg bis nach
tam duong war und wir den nachmittag fuer einen ausgedehnten spaziergang entlang des talbodens nutzen konnten. die umliegenden berge hatten die form von zwergen-muetzen - fehlte nur noch schneewittchen...
nebst reis und mais wurde, zu unserer ueberraschung, in der gegend reichlich tee angebaut. die plantagenarbeiter machten sich einen spass daraus uns heranzuwinken und zum mitarbeiten aufzufordern. wir liessen uns nicht zweimal bitten! nach einer guten viertelstunde wurden wir von unseren neu gewonnenen freunden wieder verabschiedet - wahrscheinlich waren wir ihnen zu langsam;-)
an diesem nachmittag lernten wir auch einiges ueber das revierverhalten von hunden: jedes haus hat seinen eigenen waechter, welcher sich oft weit weg von seinem haus mit anderen hunden herumtreibt. solange man sich auf "oeffentlichen" wegen befindet, ist alles in ordnung. bewegt man sich in richtung seines hauses, laeuft fido friedlich an einem vorbei und bezieht stellung vor der haustuer. immer noch alles ok. biegt man aber aus versehen auf den hausweg ein, sieht man sich urploetzlich einer knurrenden bestie mit aufgestellten nackenhaaren gegenueber. die warnenden zaehne tun ihr uebriges, das herz faellt schwupps-di-wupps in die hose. aufatmen darf man erst, wenn der rueckzug auf oeffentliches gebiet geglueckt ist.
tag 5: wer haette gedacht, dass die fahrt nach sapa noch spektakulaerer sein wuerde, als das bisher gesehene? schwer vorzustellen, aber wahr. vorbei an kleinen siedlungen uns bisher unbekannter bergstaemme, stieg die strasse hoeher und hoeher richtung
tram ton pass (mit 1.900m der hoechste vietnams). die felsen wurden immer maechtiger, die wolken zogen immer schneller - die rauhe schoenheit der berge war zum greifen nahe. wo soeben noch undurchdringlicher nebel war, wurde im naechsten augenblick eine majestaetische bergspitze frei. fuer mich sind dies momente der freiheit; sorgen verblassen im angesicht der elemente.
nach der passhoehe erwartete uns der silberne wasserfall,
thac bac. er ist ueber 100m hoch, also ziemlich "big". ein steiler weg fuehrte zu einer bruecke, von der man ca. an halber stelle auf den fall schauen kann. der glitschige boden erschien uns tueckisch und wir setzten unsere wanderschuhe schritt fuer schritt betont vorsichtig auf. oben angekommen trauten wir unseren augen nicht: noch weiter oben auf den noch glitschigeren steinen unmittelbar neben dem tosenden wasserfall kraxelte eine gruppe junger vietnamesen in turnschuhen herum. crazy! ist es das alter oder die wohlstands-gesellschaft die mich unbewusst hat aengstlich und uebervorsichtig werden lassen - oder verhielten sich diese jungen und maedchen schlichtweg fahrlaessig? weiss nicht. andere laender, andere mentalitaeten.
schliesslich erreichten wir
sapa, das touristen-mekka in nordwest vietnam. unter der woche geht es recht beschaulich zu, doch am woechenende werden ganze busladungen vietnamesischer und auslaendischer touristen von hanoi fuer den beruehmten samstags-markt hoch gekarrt. wir haben einschlaegigen informationen vertraut, die die wochenenden als horror und den markt als zur touristen-attraktion verkommen beschrieben, und reisten gerade rechtzeitig weiter - doch dazu spaeter.
sapa, von den franzosen als bergkurort in 1922 erbaut, ist fuer seine einzigartige gebirgskulisse und die verschiedenen bergvoelker der umgebung bekannt. die groessten sind red zao und black h'mong. die
black h'mong maenner kleiden sich in einfachen schwarzen oder indigo-blauen hanf-kleidern, waehrend die merkmale fuer frauen indigo-blaue roecke, schuerzen, beinstuelpen und zylinder-foermige huete sind. die h'mong sind eines der groessten, aber auch benachteiligsten gebirgsvoelker vietnams. sie kultivieren reis, gemuese, fruechte und medizinische pflanzen (opium inklusive) und zuechten schweine, kuehe, huehner und pferde.
die frauen der
red zao tragen weiss bestickte schwarze hosen, dunkle oberteile und markante rote kopftuecher. junge maedchen und alte frauen beider staemme leben oft fuer laengere zeit in sapa (sie haben ihre eigenen bescheidenen "guesthouses" dort) wo sie versuchen handarbeiten und ein bisschen opium an die touristen zu bringen. sie sprechen ausgezeichnetes englisch, sind ausgesprochen wiff, sehr charmant und hartnaeckig im verkaufen - am arm reissen ist noch zurueckhaltend;-)
tag 6: zusammen mit zwei black h'mong maedchen machten wir uns auf, drei doerfer der naeheren umgebung zu besuchen. wie sich bald herausstellte, hatten wir uns ungluecklicherweise fuer den haupt-touristen-trek entschieden. ueberall warteten kleine restaurants, pick-nick huetten und eifrige verkaeuferinnen auf die passanten. halb so schlimm, da trotzdem recht nett.
mit unseren zwei guides haben wir uns gut unterhalten und das eine oder andere ueber den alltag ihres stammes gelernt. das eine maedchen hat uns sogar zu sich nach hause eingeladen und fuer uns mittagessen gekocht. rings um einen kleinen innenhof standen verschiedene kleine
holzhuetten. auf der einen seite waren die staelle, waehrend sich auf der anderen die wohnraeume befanden. wir setzten uns im gemeinschaftsraum auf zwei kleinen holzschemeln nieder. der boden der huette war festgetretener feuchter erdboden; das mobiliar bestand aus einem niederen tisch, einigen hockern und zwei ausgebeulten kochkesseln; die waende hatten ritzen und in einer ecke lagen kinder-gummisandalen herum. in diesem raum sassen wir also und warteten waehrend unsere begleiterin im nebenraum auf einem einfachen holzfeuer fuer uns kochte. unvorstellbar! ich hoffe, ich kann von dieser gastfreundschaft lernen und fremde leute im eigenen land auch so vorbildlich empfangen.
waehrend wir so warteten gesellte sich eine gruppe kinder zu uns. wir spielten zusammen mit einem roten ballon. alle hatten grossen spass und es tat gut, zumindest ein laecheln bringen zu koennen.
tag 7: nochmals gingen wir
trekken. der weg fuehrte durch das gebiet der red zao und der black h'mong. es war unschwer zu merken, dass dieser weg viel weniger begangen wurde als der gestrige und wir hatten einige herzliche begegnungen. immer gab es etwas zu lachen - wenn ich jetzt daran zurueckdenke wird mein herz richtig schwer. weiss nicht warum, doch diese menschen gehen einem sehr, sehr nahe.
ein besonderes erlebnis faellt mir ein: auf dem weg zu einem kleinen pass trafen wir eine gruppe von vier kindern, jedes einen schweren korb voller holz auf dem ruecken tragend. natuerlich haette ich gerne ein foto gemacht, doch irgendwie hatte ich mich nicht dafuer, die aengstlich dreinblickenden kinder abzuknipsen. stattdessen gaben wir ihnen baguettes und was zum trinken. langsam glitt die angst aus ihrem gesicht und machte einem zaghaften laecheln platz. dies war ungleich mehr wert als jedes noch so idyllische foto!
tag 8: wir verliessen sapa an einem freitag - und die uns entgegenkommenden busse versicherten uns, dass wir gut taten daran. unser ziel war
bac ha, wo wir zwei grosse wochenendmaerkte besuchen wollten. wir trafen gegen mittag in dem verschlafenen ort ein. in der gegend leben ueber 10 volksgruppen. gleich ins auge fallen die frauen der
flower h'mong mit ihren bunt bestickten roecken, leuchtenden samtoberteilen und knalligen kopfbedeckungen (teilweise in neon-gelb und gruen:-).
waehrend sich unser amerikaner nach dem mittagessen ein schlaefchen goennte, machte ich mich zusammen mit manuela auf, die umliegenden huegel zu erkunden. es dauerte ein bisschen, bis wir unseren weg ueber reisfelder und huegel zum dorf der flower h'mong gefunden hatten. im reisefuehrer stand, dass sie ein besonders freundliches volk seien, weshalb wir voller guter dinge waren. als erstes trafen wir ein kleines maedchen, das alleine mitten auf dem weg stand. als es uns sah, begann es ohrenbetauebend loszuschreien. umsichtig wie wir waren, wichen wir auf einen seitenweg aus. dieser fuehrte ueber umwege zu einem haus, wo uns einer dieser knurrenden hunde empfing. mit hilfe des hausbesitzer konnten wir das hindernis unbeschadet ueberwinden. zurueck auf der hauptstrasse trafen wir eine gruppe von kindern, die andeuteten steinschleudern auf uns zu richten und uns ihre rosigen zungen zeigten. statt ins dorfzentrum marschierten wir zurueck ins tal, vorbei an einer weiteren zunge, skeptisch blickenden maedchen, fordernden bettelhaenden und, welch ueberraschung!, zwei laechelnden aelteren frauen. wahrscheinlich wurde das freundliche volk auf einmal von zuvielen erwartungsvollen touristen heimgesucht:-(
tag 9: samstag war
markttag in can cau, ca. 20km von bah ha entfernt. der marktplatz befindet sich auf einem kleinen huegel, mitten in der imposanten bergwelt. unzaehlige flower h'mong hatten sich versammelt und gingen eifrig ihren geschaeften nach: bueffel wechselten die hand, reisschnaps wurde peinlichst degustiert, tabakpfeifen qualmten, marktkuechen hatten keine freien plaetze mehr, frauen waehlten feine stoffe aus, gemuese wurde ver- und suessigkeiten gekauft. das bunte treiben erinnerte an einen jahrmarkt und war nicht nur bunt da vielseitig, sondern weil die menschen in ihren besten kleidern um die wette leuchteten. wir genossen es, auf einem stein sitzend, der faszination dieser welt zu erliegen.
uebrigens: die flower h'mong hier waren wirklich freundlich und liessen sich von den anwesenden touristen nicht stoeren.
tag 10:
bac ha markt findet jeden sonntag statt. er war groesser als derjenige in can cau, und konzentrierte sich um das betonerne marktgebaeude inmitten des ortes. nebst bueffeln wurden hier auch hunde, huehner und haengebauchschweine gehandelt. schmiede schaerften klingen, frisoere das aussehen. die asiaten pflegen den ausspruch "same, same but different!" dies gilt auch fuer die maerkte; sie sind aehnlich und verschieden, fesseln immer wieder aufs neue.
gegen mittag hiess es ein weiteres mal einsteigen. es war das letzte mal und das gefuehl der unsicherheit machte sich, bei dem gedanken an den bevorstehenden grenzuebertritt nach china, bemerkbar. in
lao cai trennte sich unser amerikanischer weggefaehrte von uns - wir waren wieder alleine unterwegs. wir hatten uns gut aneinander gewohnt, uns wirklich gut verstanden und zusammen eine unvergessliche zeit erlebt. war schon ein bisschen komisch, auf einmal wieder alleine unterwegs zu sein.
immer wenn man ein land verlaesst, ist es zeit fuer ein resumee. abschied-nehmen von vietnam fiel mir nicht leicht. wir hatten viele herzensgute menschen kennen und schaetzen gelernt. als beispiel faellt mir ein pensionierter apotheker ein, der in sapa ein kleines restaurant fuehrt. er hatte in beiden kriegen (zuerst gegen die franzosen, dann gegen die amerikaner) gekaempft und gelitten. trotzdem ist er uebergluecklich wenn auslaender zu ihm kommen. seine gastfreunschaft kennt keine grenzen: zur nachspeise werden suesse fruechte aus seinem kleinen garten spendiert, zum bier gibt es frisch geroestete erdnuesse und mit seinem selbstgemachten, koestlichen pflaumenwein wird soviel wie moeglich zusammen angestossen. ein schachspiel ist sein siebter himmel und er bringt es nicht mal uebers herz, einen schlechten schachspieler wie mich zu schlagen - lieber fuehrt er ein patt herbei. wo sonst, gibt es das?
was war, war. was ist, ist. was sein wird, wird hoffentlich gut, weil ich heute meinen teil dazu beitrage.
posted by christoph 08:49