Freitag, Januar 31, 2003

 
zugtickets bucht man in indien nicht ganz so einfach wie bei uns. zuerst muss ein formular mit allen angaben (zugnummer, bahnhofskuerzel etc.) ausgefuellt werden, danach stellt man sich beim reservierungs-schalter in die schlange und dann muss man darauf achten, dass man mit der reservierung so frueh wie moeglich dran ist (dabei spreche ich nicht von stunden, sondern tagen und wochen). an vielen bahnhoefen gibt es einen speziellen schalter fuer nicht-inder = leute die sich nicht so gut auskennen. unsere reservierung, fuenf tage im voraus, war zu knapp und wir hatten keine zusage bekommen, sondern einen platz auf der warteliste. um den status zu checken, machten wir uns gleich nach ankunft in chennai auf den weg zum bahnhof. die ausgesprochen freundliche dame am touristen-schalter seufzte tief, als sie unsere tickets sah. wir begannen langsam zu schwitzen... aber dies waere nicht indien, wenn sich nicht irgendein weg finden liesse. gesagt, getan! die dame machte sich auf, irgendeinen manager zu sprechen. als sie zurueck kam, konnte sie uns zwar nichts versprechen, aber die chancen stuenden gut, meinte sie. manuela und ich waren sehr gleucklich: das unmoegliche schien moeglich zu werden. allerdings waren wir uns nicht sicher, ob die dame ein kleines trinkgeld fuer diese dienstleistung erwartet hatte... wir sind nicht besonder gut im schmieren und hatten darauf vergessen. draussen wuchsen unsere zweifel und wir beschlossen, am naechsten tag ehestmoeglich den status erneut zu checken und gegebenenfalls etwas nachzuhelfen. wir schauten nach der sighseeing tour (s. unten) gleich wieder vorbei. die dame war nicht mehr da, dafuer ein ebenso netter herr. auch er huepfte zu einem manager und kam mit der erloesenden nachricht zurueck: "you are on the train" - hurra, gewonnen!!! alles nochmals gut gegangen, alles lief wie geschmiert ohne zusaetzliches schmiermittel. so wie es sein sollte.

chennais stadtrundfahrt war wohl die skurrilste die wir bisher in indien erlebt hatten; jedoch alles andere als informativ. die probleme begannen damit, dass wir uns am 26. januar, indiens staatsfeiertag, auf die pirsch machen wollten: zwei sights waren schonmal gesperrt. desweitern feierte der fahrer seinen hochzeitstag, weshalb seine frau unterwegs in den mini-bus geladen wurde. beim ersten tempel besuchten unsere fuehrerin und die fahrer-frau alle gottheiten um ihre gebete zu plazieren. wir touris (3 mexikaner und wir) standen etwas verloren in der anlage herum. anschliessend suchten wir einen platz auf, wo man "ausgezeichnet saris (indisches wickelkleid) kaufen konnte", so die ankuendigung. natuerlich hatten wir kein interesse, dafuer durfte sich die dame gemuetlich ihr hochzeitstag-geschenk aussuchen... als dies erledigt war, fuhren wir zum elliot beach. dies ist nicht wirklich ein schoener fleck und die daneben liegende velankanni church vermochte uns auch nicht zu begeistern (die zwei orte waren lueckenbuesser fuer die geschlossenen attraktionen). weiters ging es zum schlangenpark, wo wir kurz vor den giftschlangen (gerade als es spannend wurde) aufbrechen mussten, zeitmangel! wir schauten uns noch ein denkmal an und fuhren an vielen anderen sehenswuerdigkeiten vorbei. dann war's aus; humor ist, wenn man trotzdem lacht...

nach einem gemuetlichen nachmittag, stiegen wir abends in den zug und machten uns auf nach bhubaneswar im bundesstaat orissa. dieser liegt suedlich von calcutta an der ostkueste. die fahrt verlief ereignislos, da unsere abteil-nachbarn ausschliesslich mit essen und schlafen beschaeftigt waren:-)

bhubaneswar ist ein idealer ausgangspunkt fuer orissas beruehmte tempel. wir buchten frohen mutes eine touristen-tour und traten damit zum zweiten mal innert kuerzester zeit ins fettnaepfchen: da wir zuwenig leute waren, wurden wir mit einem indischen ehepaar in ein taxi gesetzt und zu den den sights chauffiert. keine erklaerungen, keine organisation - nur von ort zu ort gefahren und taxi-zuschlag kassiert, pech!

als erstes besuchten wir den beruehmten sonnentempel in konark. im 13. jahrhundert von narashimhadev I, koenig von orissa erbaut, gibt er bis heute viele historische raetsel auf. die steinskulpturen an seiner fassade sind fast ausschliesslich erotische darstellungen, die locker die tempel von khajuraho in den schatten stellen. die figuren sind ueber und ueber verziert und bis ins kleinste detail gearbeitet - ein faszinierender und inspirierender ort;-) unser guide, leider auch ein fehlgriff, war auch dieser meinung und beglueckte uns mit endlosen gschichteln. am liebsten machte er fotos von uns, wobei er jedesmal verlangte, dass wir uns kuessen... da sich das indien nicht ziert, mussten wir den sabbernden lustmolch leider enttaeuschen.

der zweite zielort unserer tour war puri und maechtige jagannath tempel. als nicht-hindu waren wir nicht in der tempelanlage erlaubt und durften nur von einer dachterrasse ueber die mauer blicken. dafuer haetten wir schon wieder eine satte gebuehr bezahlen sollen, was mich zur abwechslung mal etwas lauter ausrufen liess... es war nicht unser tag! wir schauten noch kurz am strand vorbei, liessen den aerger vom winde verwehen und konnten schliesslich ueber die verschiedenen vorfaelle doch noch schmunzeln.

den naechsten tag nuetzten wir zum erkunden von bhubaneswar, wegen der unzaehligen tempel auch als stdt der tempel bekannt. unsere motivation hatte am vortag etwas gelitten. wir beschraenkten uns aufs anschauen des haupttempels bindu sager von einer platform aus, aufs mehr oder weniger interessierte vorbeischlendern an einigen anderen tempeln und aufs erforschen des orissa state museum.

um 21.20 uhr haette unser zug nach calcutta fahren sollen. haette... zuerst wurde eine fuenf stuendige verspaetung gemeldet! um zwei uhr in der frueh hiess es, der zug wuerde um drei einfahren. natuerlich tat er dies nicht und wir warteten stunde um stunde. wer von euch hat schon mal an einem extrem langweiligen bahnhof ueber 9 stunden gewartet... erschwerend war, dass die netten leute vom bahnhof weder wirklich englisch konnten, noch hilfsbereit waren. als unser zug um sieben in der frueh, inzwischen hatten wir "sonnenaufgang ueber den geleisen" miterlebt, immer noch nicht da war, bestiegen wir den naechst besten mit gleichem zielbahnhof. irgendwie konnten wir das ganze so hindrehen, dass unsere tickets akzeptiert wurden. wir konnten es kaum glauben, als wir gestern doch noch calcutta erreichten.




Samstag, Januar 25, 2003

 
in thanjavur wollten noch der palast und seine verschiedenen museen besichtigt werden. der ganze komplex ist wie ein grosses labyrinth angeordnet. leider befindet er sich in einem baufaelligen zustand und die ehemalige schoenheit kann nur noch vermutet, nicht erlebt werden. der interessanteste teil ist die art gallery mit vielen bronze statuen aus der chola zeit. ein beliebtes und ausgesprochen faszinierendes motiv ist nataraja, die darstellung des tanzenden shiva. sie symbolisiert kontinuierliche bewegung, alles ist im fluss, alles ist rund; solange gott shiva tanzt existiert diese welt, kommt er zum stillstand, bricht sie zusammen.

einmal mehr kletterten wir in den bus. die fahrt dauerte etwas laenger als vermutet und wir kamen in den genuss unserer ersten nachtfahrt. der hauptunterschied zum tag besteht darin, dass man nichts sieht... viele fahrzeuge sind nur ungenuegend beleuchtet; fuhrwerke, radfahrer und fussgaenger sind erst recht nicht erkennbar. zum glueck fahren hier nur einheimische herum, sonst gaebe es bestimmt viel mehr unfaelle;-)

in chidambaram steht der nataraja tempel (nataraja s. oben). fuer hindus ist er ein wichtiger pilgerort, fuer touristen eher neuland. die anlage wurde im 13. jahrhundert von den cholas erbaut und beherbergt viele sorgfaeltigst gearbeitet skulpturen. leider ist der zahn der zeit sichtbar und die neubemalung der skulpturen scheint etwas vernachlaessigt worden zu sein (normalerweise werden die tuerme etc. alle zwoelf jahre frisch bemalt).

unser naechster, groesserer zielort war pondicherry. die ehemalige franzoesische kolonie hat teile des charmes der grande nation bewahrt. man spuert, dass die franzosen das gebiet erst vor knapp fuenfzig jahren an indien abgetreten haben. es gibt einige gebaeude im kolonialstil, ein grosses franzoesisches konsulat, strassen sind auf franzoesisch angeschrieben und viele inder sind dieser sprache maechtig. besonders angenehm: man bekommt ausgezeichnete baguettes, croissants und pains au chocolat. in verschiedenen restaurants wird der kueche der ehemaligen besatzungsmacht gehuldigt.
pondicherry ist sehr vom sri aurobindo ashram gepraegt. hier wird eine synthese von yoga und moderner wissenschaft gelehrt, was viele leute aus dem westen anzieht und anspricht. das ashram unterhaelt mehrere herbergen, kantinen und betreibt soziale einrichtungen. leider ist sich waehrend unseres aufenthaltes kein besuch ausgegangen.

mittlerweilen haben wir schon unsere voraussichtlich letzte busfahrt in indien hinter uns und sind wohlbehalten in chennai, ehemals madras, eingetroffen. von hier werden wir morgen den zug richtung norden besteigen.




Mittwoch, Januar 22, 2003

 
vorgestern verliessen wir munnar und damit den bundesstaat kerala, in dem wir ueber einen monat verbracht hatten. auf einer phasenweise inexistenten und extrem steilen passstrasse, bahnte sich unser bus den weg nach madurai in tamil nadu. die fahrt fuehrte quer durch die western ghats und war landschaftlich spektakulaer. die strasse mit vielen engen haarnadelkurven und teilweise senkrecht abfallenden felswaenden, direkt neben dem bus, garantierte nervenkitzel pur.

nach einer erholsamen nacht nahmen wir gestern frisch gewaschen und ausgeruht unsere tempel-sightseeing-tour in angriff. tamil nadu ist reich an einzigartigen tempeln, gebaut nach der dravidianischen architektur. das wahrzeichen sind die gopurams (riesige eingangstuerme, oftmals ueber 50 meter hoch), welche mit skulpturen und szenen aus der indischen mythologie uebersaet sind. speziell: die figuren sind bunt bemalt. mit ihren kraeftigen farben wirken sie puppenhaft verspielt - eine wahre augenweide. eine mauer trennt aussenwelt und tempelgelaende. eingangstuerme gibt es vier, ausgerichtet nach den himmelsrichtungen. im gegensatz zu vielen anderen monumenten, sind die meisten tempelanlagen nicht nur zeugen vergangener tage, sondern nach wie vor dreh- und angelpunkt des religioesen alltags vieler inder. priester nehmen zeremonien vor, glaeubige verrichten ihre taeglichen gebete, haendler versuchen souvenires anzudrehen, bettler flehen um milde gaben, das leben sprueht in all seinen facetten. duefte, geraeusche, bunte bilder... die sinne werden gefesselt.

in madurai steht der sri meenakshi tempel, einer der beruehmtesten und meistbesuchten. die anlage erstreckt sich ueber 6 hektaren, umfasst 12 tuerme und wurde um 1560 in seiner heutigen form erbaut; die tempelgeschichte reicht sogar bemerkenswerte 2000 jahre zurueck. wir nahmen uns einen fuehrer, ganesh sein name, und genossen das eintauchen in die vibrierende atmosphaere. zum schluss bestiegen wir das flachdach eines shops (was denn sonst?) ausserhalb der tempelmauer, wo wir den ausblick auf das riesige areal genossen und einen frustrierten, da erfolglosen, verkaeufer zurueckliessen.

die naechste busfahrt fuehrte uns nach tiruchirappalli, der einfachheit halber auch trichy genannt. noch am gleichen nachmittag stiegen wir zum rock fort tempel empor. diesmal interessierte uns weniger der tempel, sondern vielmehr die aussicht, da die anlage mitten ueber der stadt auf einem massiven felsen thront. zum abschluss des tages besuchten wir die lourdes kirche, goennten uns ein staerkendes abendmahl und einen leckeren cake (hier gibt es an fast jeder strassenecke eine baeckerei die kuchen und suessigkeiten in allen erdenklichen farben anbietet. die leckereien schauen nicht nur verfuehrerisch aus, sie schmecken auch so...).

heute morgen machten wir uns auf zum sri ranganathaswamy tempel, einem der groessten indiens. die facts: mit dem bau wurde im 10. jahrhundert begonnen, es waren fuenf verschiedene dynastien beteiligt und der groesste gopuram (73 meter hoch) wurde erste 1987 fertig gestellt. 21 tuerme bohren sich in den himmel, das gelaende umfasst 60 hektar und das innerste sanktum ist von sieben ringmauern umschlossen. die aeussersten vier mauern beschuetzen bazaare und haeuser der brahmanen (priester-kaste), dann folgt die eigentliche tempelanlage mit dem hoechsten heiligtum nach der sechsten mauer. nicht-hindus sind in diesem bereich nicht erlaubt; zum glueck, denn andern leuten beim beten zuzuschauen ist nicht besonders nett. auch hier nahmen wir uns einen guide, diesmal hiess er krishna. es ist immer wieder spannend den vielen geschichten und gschichteln zuzuhoeren. ueber alles gibt es irgendwas zu erzaehlen. wichtig scheint dabei zu sein, dass sich das erzaehlte gut und fesselnd anhoert, der wahrheitsgehalt ist im besten falle sekundaer;-)

dann huepften wir in den naechsten bus und machten uns auf nach thanjavur. busfahren ist inzwischen zu manuelas und meiner liebsten reiseart geworden. es funktioniert voellig unkompliziert (auf zum bus-bahnhof, bis zum hoffentlich richtigen bus durchfragen, einsteigen und ab die post: schuettel, schuettel), busse fahren fast immer nach-egal-wohin und man gewinnt einen wunderbaren einblick in das leben auf und neben indiens strassen.

und jetzt ratet mal, was uns in thanjavur erwartete... richtig, ein tempel! natuerlich war dies kein gewohnlicher tempel, sondern der hoehepunkt der chola architektur, erbaut um 1010 n.chr. majestaetisch streckt sich sein wahrzeichen, der 66 meter hohe turm ueber dem sanktum, in den himmel. auf seiner spitze befindet sich eine 80 tonnen schwere granit kuppel, welche aus einem einzigen stein herausgehauen wurde (mir waere dabei schwindlig geworden). im gegensatz zu vielen andern suedindischen tempeln, sind die skulpturen des brihadishwara tempels nicht bemalt, sondern so belassen, wie der steinmetz sie nach getaner arbeit hinterlassen hat. diese anlage ist zu recht ein world heritage monument.

wer jetzt denkt, dass wir uns mit dem tempel-marathon einen ziemlichen stress antun, hat natuerlich recht. es gibt aber einen grund! am 5. februar fliegen wir von kalkutta nach bangkok. bis dahin muessen wir vom tiefsten sueden in den hoechsten norden. in der verbleibenden zeit moechten wir noch so viel wie moeglich sehen. so ist das leben, man hat es nicht einfach. wir haben uns sogar schon ueberlegt, ob die veranschlagten drei jahre ausreichen;-))




Dienstag, Januar 21, 2003

 
wieder reisefaehig, fuhren wir mit dem bus auf kurvenreicher strecke nach munnar. dieses teeanbau-zentrum liegt auf ueber 1.500 m. erfrischende gebirgsluft und markante bergspitzen am horizont: unsere herzen schlugen hoeher, erinnerungen an die alpen wurden wach. welch gegensatz zu den am meeresufer gelegenen backwaters. das tuepfchen auf dem i waren die teeplantagen. rundum waren alle huegel mit dem frisch leutchtenden gruen der teebaeume bedeckt; ein anblick, von dem man nicht genug kriegen kann.

zur tee-gewinnung werden alle paar wochen die drei frischesten blatttriebe gepflueckt. damit dies einigermassen unproblematisch geht, werden die baeume alle zwei jahre auf huefthoehe abgeschnitten. eine teeplantage besteht also nicht aus frisch froehlich wachsenden teebaeumen, sondern schaut aus wie ein mosaikteppich aus flach abeschnittenen bueschen. bitte entschuldigt die wiederholung, aber ich muss es nochmals sagen: dies schaut unglaublich toll aus!!! nebst tee wird in munnar kaffee, kardamom und pfeffer angebaut. manuela und ich gingen so oft wie moeglich spazieren und studierten eifrig die angetroffenen pflanzen. endlose wege fuehrten von huegel zu huegel, durch dichte gebirgswaelder und endlose teeplantagen. natuerlich liessen wir uns auch die umliegenden aussichtspunkte und idyllisch gelegenen stauseen nicht entgehen. die atemberaubend belebende landschaft machte uns suechtig.

etwas nachdenklich stimmte uns die tatsache, dass so gut wie alle teeplantagen "tata tea limited" gehoeren. damit nicht genug, fast das ganze tal ist ein tata imperium: die teeplantagen-arbeiter wohnen in speziellen doerfern, ueberall findet man die typischen tata baracken-siedlungen, meist inklusive tempel, kirche und moschee. desweitern gibt es tata schulen fuer die grundstufe, tata spitaeler und weitere von tata gesponserte institutionen und anlagen. einerseits kommen die arbeiter so in den genuss verschiedenster "annehmlichkeiten", anderseits besteht eine enorme abhaengigkeit. die arbeiter sind auf gedeih und verderb dem konzern ausgeliefert - dies erinnert an die europaeische industrialisierung. zum glueck haben wir die weit hinter uns gelassen. haben wir das wirklich? ist der naechste supermarkt mit super guenstigem tee nicht gleich ums naechste eck?
ps: tata ist als groesster fahrzeug-hersteller indiens auch auf den strassen omnipraesent!

wir verbrachten insgesamt drei tage in munnar. ein hoehepunkt war der besuch einer teefabrik (natuerlich tata), normalerweise strengstens verboten. unser hotelmanager machte es irgendwie moeglich, wahrscheinlich weil wir ihn lange genug genervt hatten... es war sehr interessant und man konnte die einzelnen produktionsschritte wunderbar mitverfolgen:
1. teeblaetter werden erhitzt und bleiben fuer 8 stunden liegen
2. lockerung und reinigung in einem schuettelsieb
3. zerhacken in kleinste stuecke
4. fermentierung (25 minuetiges erhitzen und abkuehlen)
5. trocknen
6. aussieben gemaess feinheitsgrad (es gibt drei qualitaeten fuer "teestaub" und drei qualitaeten fuer "teebaellchen", die groesseren sind die qualitativ hochwertigeren)

wir waren ueberrascht, in der fabrik eine vollautomatische maschinenstrasse anzutreffen - irgendwie hatten wir schwitzende arbeiter in duesteren hallen erwartet. einmal mehr wurden unsere vorurteile luegen gestraft! nach all diesen tee-erfahrungen koennt ihr euch darauf gefasst machen, beim teetrinken im sternen von uns mit der munnar-geschichte beglueckt zu werden;-)




Montag, Januar 20, 2003

 
erholt und gestaerkt nach einem hausboot-tag, fuhren wir mit dem bus von alappuzha nach kochi. kochi ist die groesste industriestadt keralas mit einem bedeutenden hafen. wir freuten uns auf diese stadt, hoerten sich doch die beschreibungen im reisefuehrer recht nett an. erwartungsvoll bestiegen wir noch am gleichen nachmittag ein touristen-boot und los ging's zum sightseeing:

die erste attraktion war nicht geplant und eher gluecklich: ein grosser delfin huepfte unweit von uns aus dem hafenbecken. wir sahen ihn nur den bruchteil einer sekunde, der moment bleibt unvergesslich!
offizielle sight nummer eins war die synagoge - kochi hatte bis vor der gruendung israels eine kleine, aber lebendige juedische gemeinde. wie in vielen anderen staedten der welt, gab es auch hier ein eigenes juedisches viertel mit engen, verschlungenen gassen, wo ein bunter handel betrieben wurde.
sight nummer zwei war der dutch palace mit vielen bunten wandmalereien. st. francis church, die aelteste von europaern gebaute kirche indiens, war sight nummer drei. hier war vasco da gama, der in kochi starb, vor der ueberfuehrung seines leichnams nach lissabon begraben. zum schluss gab es nochmals chinesische fischernetze, sight nummer vier.

kochi liegt rund um den hafen und erstreckt sich auch ueber einige inseln. haupt-verkehrsmittel sind die oeffentlichen faehren, die oftmals vollbeladen einen etwas bedenklichen eindruck machen. fort cochin ist der aelteste stadtteil und strahlt mit seinen niederen, kleinen haeusern, die aus der kolonialzeit uebrig geblieben sind, einen eigenen, speziellen charme aus. hier befinden sich die meisten sights (s. oben).
ernakulem ist der moderne stadtteil mit einigen hochhaeusern und stark befahrenen und belebten strassen. hier lief auch der neue james bond 007 film "die another day", den wir uns natuerlich nicht entgehen liessen - schliesslich muessen wir mitreden koennen, wenn wir wieder zu hause sind;-)

den zweiten kochi-tag wollten wir mit internet und einer weiteren kleinen rundtour verbringen - doch es kam anders...
ins cyber-cafe kaemen wir noch und ich machte mich fleissig an die englisch-uebersetzung der ashram-berichte. zwischendurch wollte ich zu meiner frau schauen. ich oeffnete die tuer zu ihrer internet-kabine, doch das ging ins auge! oberhalb der einen klapptuer stand ein metallenes schliesselement vor, exakt auf meiner augenhoehe, welches genau in meinen rechten gucker passte. es tat ziemlich weh. zurueck im hotel legte ich erstmal eine ruhepause ein. als die schmerzen am naechsten morgen nicht wirklich nachgelassen hatten, bestand meine frau darauf einen arzt aufzusuchen. die idee begeisterte mich nicht wirklich, hat man doch als europaer etwas zweifelhafte vorstellungen vom indischen gesundheitssystem.
im "general hospital" angelangt, wurden wir sogleich von einem netten pfleger zur "special eye clinic" gefuehrt. die augendoktorin sass an einem schreibtisch, bewaffnet mit einer riesigen taschenlampe und einem kugelschreiber. links vom schreibtisch standen die frauen an, rechts die maenner. ich genoss wieder einmal privilegien und wurde direkt vor die aerztin gestellt. ein kurzer blick, dann noch einer - alles klar: eine kleine verletzung der hornhaut. dafuer bekam ich augentropfen und tabletten verschrieben und eine schwester drueckte mir einen wunderschoen dezenten weissen verband aufs aufge. ich war perplex! dies war zweifellos der kuerzeste; das ganze dauerte keine halbe stunde; und guenstigste; die behandlung kostete nichts und die medikamente sollten ca. 35 cent ausmachen; krankenhausbesuch meines lebens. natuerlich war ich auch beruhigt zu wissen, dass ich glueck im unglueck gehabt hatte. wir schauten noch zweimal im spital vorbei und ich bekam jeweils einen neuen huebschen verband. nach zwei tagen war die verletzung soweit abgeheilt, dass ich mein rechtes auge wieder in betrieb nehmen konnte. alles paletti!*

wir vervollstaendigten das vor einigen tagen angefangene programm mit internet, sonnenuntergang bei den chinesischen fischernetzen und kinofilm aus kerala ("dilip navya", eine slapstick komoedie bei der es nicht so schlimm war, dass wir kein wort verstanden). dann hiess es packen und, nach einem leicht verlaengerten aufenthalt, wieder aufbrechen.

*obwohl das spital sehr einfach eingerichtet war - fuer die patienten gab es z.b. nur simple feldbetten, keine multifunktionalen-fernbedienbaren-spitalliegen ;-) - machte es einen ordentlichen und sauberen eindruck. es herrschte eine ruhige atmosphaere und man hatte den eindruck, alles sei entsprechend den umstaenden bestmoeglich organisiert. ich bin froh, meine diesbezueglichen vorurteile revidieren zu muessen und bewundere all die menschen, die hier mit grossem einsatz tag fuer tag das bestmoegliche rausholen.




Freitag, Januar 10, 2003

 
nachdem wir laengere zeit in trivandrum und im ashram verbracht haben, sind wir jetzt wieder fleissig am reisen. mit frischem haarschnitt machten wir uns auf, die beruehmten backwaters von kerala zu erforschen. die backwaters sind ein riesiges system von seen, fluessen und kanaelen, das sich gleich hinter der kueste zwischen kollam und kochi erstreckt. je nach meeresnaehe ist das wasser salzig oder suess. jajaja, sachen gibt's...

da wir uns nicht recht entscheiden konnten, auf welche art wir die expedition in angriff nehmen sollten, buchten wir das volle programm: eine “village tour” auf einem grossen kanu (6 leute), die haupt-touristentour von kollam nach alappuzha und eine 24-stunden-cruise auf einem hausboot. das buchen des hausbootes war sehr aufschlussreich: wir fragten bei drei anbietern nach und waren sehr erfreut, als der dritte uns das paket zum halben preis des ersten offerierte und uns so eine vernuenftige variante anbot. manchmal muss man gar nicht handeln, recht angenehm!

am ersten tag fuhren wir mit einem kleinen bus bis monroe island. unterwegs mussten wir mehrmals stehenbleiben, gab es doch einiges zu bewundern: cashewnuss-, papaya-, nelken-, pfeffer- und jack fruit-baeume, sowie bootsbau. die boote schauen aus wie kanus und sind in jeder groesse anzutreffen. die holzbalken werden nur mit kokos-schnur zusammengehalten, welche in kleine holzkerben eingearbeitet wird. abgedichtet wird mit einer farbe, die aus den schalen der cashewnuesse gewonnen wird. wir hatten auch gelegenheit, die herstellung von kokos-schnueren, sogenannten coirs, zu bewundern. das ganze geht so schnell, die schnuere sind fertig, bevor man zu schauen begonnen hat.

schliesslich erreichten wir unser kanu. durch enge kanaele fuehrte unser weg. immer wieder mussten wir unsere koepfe einziehen, weil kleine bruecken oder baumstaemme nur nieder ueber dem wasser standen… gute gymnastik, fast wie yoga! wir bekamen einblick in die garnelen-zucht, das muschel-sammeln und die verschiedenen arten des fischens. diese reichen vom fangen mit der blossen hand bis hin zum klassischen fischernetz. diese village-tour war sehr malerisch, die friedliche umgebung (ueppige vegetation, ab und zu einige haeuser) und die ruhe des wassers wirkten beruhigend und wohltuend.

am naechsten tag begaben wir uns auf das zweistoeckige touristen-motorboot. was fuer ein gegensatz zu dem mit manneskraft betriebenen kanu. entsprechend wenig konnten wir der achtstuendigen bootsfahrt abgewinnen. es gab zwar einiges zu sehen (grosse, lotterige fischkutter; massenweise quallen, die im kanal schwebten; beeindruckende alleen mit chinesischen fischernetzen, dies sind riesige holzkonstruktionen mit denen das fischernetz ins wasser getaucht wird, die fische werden durch licht gekoedert und im netz gefangen, wenn dieses nach ca. 20 minuten gehoben wird; die landschaft wechselte von endlosen palmenhainen zu reisfeldern), wir vermissten aber den charme. als wir beim ashram der amma vorbeifuhren, trauten wir unseren augen nicht: inmitten der kokospalmen standen riesige rosafarbene betonbloecke fuer die offensichtlich unzaehligen pilger…

wir waren froh, als wir in alappuzha ankamen und freuten uns auf den naechsten tag und das hausboot. mit den aus bambus und kokospalmen-blaettern geflochtenen "waenden", die bogenfoermig auf dem grossen kanu aufgebaut sind, sind die backwater-hausboote idylle pur. wir wurden an bord von der dreikoepfigen crew empfangen: dem koch und zwei bootsmaennenern, die mit ca. 7 metern langen bambusstangen das boot durch die kanaele stossen (kein motor, nur manneskraft). keine angst, die maenner schufteten keine 24 stunden... es lief eher so: eine stunde gemuetlich boot stossen, zwei bis drei stunden pause mit kulinarischem programm, wieder eine stunde gemuetlich boot stossen etc. etc. etc. die ganze atmosphaere erinnerte uns an die erste woche in indien und das hausboot im himalaya.

es war ein extrem relaxter tag: wir lehnten uns in unseren bambus sesseln zurueck, schauten dem bunten treiben am ufer zu und genossen die praechtige landschaft, alles zog sanft vorbei. ueber nacht ankerten wir auf dem riesigen vembanad lake. die nacht auf dem dunklen wasser unter hell leuchtenden sternen und fast vollem mond war ausgesprochen romantisch. der einzige wehrmutstropfen war der verlust meines heiss geliebten jack wolfskin-hemdes. wir hatten es zum trocknen mit ein paar anderen sachen aufgehaengt, als es ploetzlich zusammen mit manuelas hemd von einem heimtueckischen windstoss erfasst und ins wasser geblasen wurde. die bootsmaenner hatten naturgemaess nur augen fuer manuelas hemd, welches subito aus dem see gefischt wurde. in der zwischenzeit ging mein schoenes rotes hemd in den wellen unter und ward bis heute nicht mehr gesichtet. ihr koennt sicher nachvollziehen, dass mich dieser verlust schwer traf...




Mittwoch, Januar 08, 2003

 
eine der beruehmtesten lebenden heiligen indiens ist sri sri matha amrithanandamayi devi, auch amma oder the hugging mother (die umarmende mutter) genannt. bekannt wurde sie vor allem dadurch, dass sie pilger wie eine mutter umarmt und ihnen so ein gefuehl von glueck und erleichterung gibt. einige touristen hatten sie besucht und uns von ihr erzaehlt. wir nuetzten die gelegenheit, als amma fuer drei tage nach trivandrum kam, fuer einen kleinen ausflug vom ashram. die spannung stieg: wie wird es wohl sein, einer heiligen zu begegnen?

mehrere tausend leute hatten sich vor einer buehne versammelt und chanteten geduldig mantras. alle waren sie hier: geschaeftsmaenner, bauern, frauen mit kindern, jugendliche, touristen, sogar kranke auf bahren. nach einer kurzen wartezeit kam sie, amma! wir waren ueberrascht, dass viele leute ihrer begleitschaft aus dem westen waren. spaeter fanden wir heraus, dass man amma auf ihrer dreiwoechigen indien reise als freiwilliger helfer begleiten konnte, deshalb - sicherlich eine interessante erfahrung. nach einigen gemeinsamen liedern, bei denen amma immer wieder zwischendurch die haende in die luft warf und irgendwelche botschaften rief, hielt sie eine kurze ansprache, von der wir leider ueberhaupt nichts verstanden, weil sie auf malayalam (sprache keralas) war. dann war es soweit, die umarmung nahte! alle inder mussten nummern ziehen und sich - frauen und maenner getrennt - in schlangen stellen. als westler hatte man das privileg, vorne in die schlange eingeschleust zu werden. als das geschafft war, ging alles sehr schnell: man steht also in reih und glied, auf einmal sieht man amma vor sich, der kopf wird einem von einem helfer abgewischt, der naechste helfer packt den kopf und drueckt ihn auf ammas schulter, ich wurde umarmt, sie fluesterte mir etwas ins ohr, schaute mich an, umarmte mich nochmals, gab mir ein leckeres orangen-bonbon und bat mich bei einigen pilgern auf der buehne platz zu nehmen. manuela und ich sassen ungefaehr eine halbe stunde unmittelbar in ammas naehe und konnten das bunte treiben beobachten. unzaehlige leute wurden umarmt, dies dauerte locker einige stunden und man stelle sich vor, dass das jeden tag mindestens zweimal irgendwo stattfindet. fleissig, diese amma!

wenn man bei der umarmung einen blitzschlag inklusive erleuchtung erwartet, wird man gnadenlos enttaeuscht. es war, wie wenn mich mami liebevoll umarmt haette. ich fuehlte mich ruhig, zufrieden und gluecklich. es war eine spezielle begegnung in einer friedlichen atmosphaere, nichts spektakulaeres, sondern sehr ehrlich und persoenlich - und dadurch sehr beeindruckend!

danach kehrten wir fuer eine nacht ins ashram zurueck. am naechsten morgen bestiegen wir den reisebus und begleiteten swami govindananda, einer der vorsteher des ashrams, zum suedlichsten zipfel indiens. wie sich bald herausstellte, sollte dies kein gewoehnlicher trip werden. swamiji fuehrte uns zu plaetzen, die man selber nie finden wuerde, er oeffnete uns augen fuer die ueberall anzutreffende spiritualitaet indiens und ansonsten verschlossene tueren, standen uns ploetzlich offen. der erste stopp waren die tripparappa wasserfaelle. sie sind mittelmaessig hoch und dienen indern als natuerliche dusche. eine willkommene erfrischung an einem heissen tag! danach besuchten wir den ersten tempel. wir erfuhren wie tempelanlagen aufgebaut sind und was darin alles geschieht. einmal mehr waren wir fasziniert von dem homogenen weltbild des hinduismus: architektur, religion, aufbau des universums und des menschlichen koerpers... alles ist aufeinander abgestimmt und jeder aspekt wird sorgfaeltig repraesentiert. da versteht es sich von selbst, dass jede pflanze im tempelhof besondere wirkstoffe hat und die glaeubigen bei ihrem taeglichen tempelbesuch auch gleich gemaess ayurveda gesundheitlich versorgt werden.

der naechste halt war padmanabhapuram palace - den kennen wir ja schon,
s. tagebucheintrag vom 13. dezember 2002.

schliesslich erreichten wir unser reiseziel: kanyakumari, auch cape comorin genannt. dies ist ein bedeutender pilgerort fuer hindus und der suedlichste punkt des indischen subkontinents. hier treffen sich arabisches meer, indischer ozean und die bengalische bucht. wir besichtigten das gandhi memorial, wo ein teil gandhis asche vor der zerstraeuung im ozean aufbewahrt worden ist, bestaunten einen herrlichen sonnenuntergang und besuchten den kumari ammar tempel. dank swamiji gelangten wir bis ins innerste heiligtum und gewannen unvergessliche eindruecke einer uns eher unbekannten religion. im hinduismus gibt es unzaehlige gottheiten, es wird aber alles auf den einen vollkommenen gott zurueckgefuehrt. alles kommt von ihm und alles kehrt zu ihm zurueck. so sind auch die verschiedenen gottheiten nur teile des einen gottes brahman. hinduismus ist eine monotheistische religion, die alle anderen religionen anerkennt. jahwe, allah, manitu oder brahman sind nur verschiedene namen fuer die gleiche wahrheit. ich denke, dies ist eine schoene, einfache art, einen wesentlichen teil unseres daseins zu beschreiben. "eh klar, natuerlich, hab ich immer schon gesagt" denkt man sich, bei intensiverer auseinandersetzung mit diesem gedanken. "warum bloss" fragt man sich, wenn man die krisenherde dieser welt anschaut. wer religion missbraucht, schafft krieg - wer religion versteht, schafft frieden.

die nacht verbrachten wir im ashram von swami vivekananda. er ist ein bedeutender heiliger und philosoph indiens, der um die jahrhundertwende gelebt hat. beim weltkongress der religionen, 1893 in chicago, war er der erste hindu, der im westen von seiner religion erzaehlte. erleuchtung hatte er hier in kanyakumari erlangt, als er auf einem felsen, der in der brandung vor der kueste steht, waehrend drei tagen meditierte. natuerlich besuchten wir am naechsten tag das denkmal, das inzwischen genau an dieser stelle gebaut worden ist.

bis es soweit war, hatten wir schon einiges erlebt: aufgestanden sind wir um 4.00 uhr in der frueh. an der stelle, wo sich die drei meere treffen, goennten wir uns ein aufweckendes bad. danach setzten wir uns an den strand und warteten auf den sonnenaufgang. kanyakumari ist einer der wenigen orte auf diesem planten, an dem man die auf- und untergehende sonne ueber dem meer beobachten kann. kurz vor mittag bestiegen wir maruti malai, den suedlichsten berg der western ghats. diese grosse gebirgskette erstreckt sich im sued-westen indiens und wird schon mal ueber 2.500 m hoch. der aufstieg war steil und steinig, aber wunderschoen. auf dem gipfel war, wie koennte es anders sein, ein mini-tempel. der ganze berg war ueberhaupt ein riesen heiligtum mit unzaehligen heiligen staetten, alle von priestern oder einsiedlern betreut. die stimmung war unbeschreiblich, der ausblick atemberaubend - ein weiterer hoehepunkt dieser ganz speziellen reise.

zurueck vom berg, besuchten wir besagtes vivekananda denkmal. der abschluss war der bedeutende tempel in suchindram. er ist einer der wenigen indiens, der den drei hauptgottheiten - shiva, brahma und vishnu - geweiht ist. die ganze anlage ist riesig und obwohl es inzwischen unser x-ter tempel war, kamen wir zum staunen nicht mehr heraus. ein hoehepunkt waren ausgehoelte steinsaeulen, denen man durch handschlaege ganz bestimmte toene entlocken kann, eine orgel aus stein - von hand gespielt.

was folgte, war eine lange, zermuerbende busfahrt zurueck ins ashram. dann hiess es bye-bye und danke sagen. wir blieben im bus und kamen schliesslich gegen mitternacht in trivandrum an. dort verbrachten wir zwei tage im buero mit e-mails und tagebuch schreiben. da hatte sich schon was angehaeuft in drei wochen...
danke an dieser stelle fuer die vielen weihnachts- und neujahrsgruesse!

in trivandrum trafen wir nochmals unseren freund harish und dessen familie. wir verbrachten zwei ausgesprochen nette abende zusammen und der abschied viel uns schwer. es ware schoen, diese familie in der zukunft wieder einmal besuchen zu koennen.




Dienstag, Januar 07, 2003

 
servus & gruezi im neuen jahr. ich hoffe ihr habt alle eine wunderbare weihnachtszeit erlebt und seid mit einem guten rutsch im 2003 gelandet. nach drei woechiger ashram-isolation melden wir uns gluecklich und zufrieden im global village zurueck. vorbei ist's mit der ruhe, ab sofort haben wir wieder zu schreiben und ihr zu lesen. viel spass dabei und nochmals die besten wuensche fuer jahr 3 n.m. (nach millennium)!

unsere ankuendigung ins ashram zu gehen hat unterschiedlichste reaktionen ausgeloest. es tut mir leid, aber ich muss alle wilden spekulationen enttaeuschen: wir tragen immer noch westliche reisekleidung und keine orangen tuecher, der guru hat uns nicht auf einer wolke schwebend empfangen, wir mussten nicht drei wochen auf einem bein stehend meditieren, ich habe mir nicht die haare wegrasiert (das war vor 10 jahren), die spendenkonto-nummer des ashram ist uns unbekannt und wir verkaufen keine spirituellen buecher auf der strasse, der kursinhalt war nicht kama sutra und wir heissen immer noch manuela und christoph;-)
sorry, alles beim alten! was wirklich geschah - die wahrheit:

etwas unsicher und skeptisch fuehlten wir uns schon, als wir mitte dezember vorigen jahres im sivananda yoga vedanta dhanwantari ashram in neyyar dam, ca. eine bus-stunde oestlich von trivandrum, eintrafen. wir hatten nicht viel mehr als keine ahnung von was uns hier erwarten wuerde. zufaelligerweise war unser ankunftstag der abschlusstag des 1 monatigen ttc-kurses (teacher training course, yoga lehrer ausbildung). wir kamen in den genuss eines festmahles mit anschliessender "talent show". der kroenende abschluss war ein 10 kg schokoladen kuchen. am tag danach war es vorbei mit der schonfrist, der ashram alltag begann:

05.30 h aufstehen
06.00 h meditation & satsang
07.30 h tea
08.00 h asana yoga
10.00 h brunch
11.00 h karma yoga
12.00 h freizeit
13.30 h tea
14.00 h vortraege ueber yoga
16.00 h asana yoga
18.00 h abendessen
20.00 h meditation & satsang
22.00 h lichterloeschen

was muss man sich unter den jeweiligen punkten vorstellen?
meditation hat zum ziel, den "geist ruhig zu stellen". es ist ziemlich schwer die vielen gedanken die man staendig denkt unter kontrolle zu bringen und in vollkommener stille zu verharren. dabei sitzt man mit gekreuzten beinen und geschlossenen augen auf dem boden und fokussiert seinen geist auf einen bestimmten punkt. durch regelmaessiges ueben gelingt es, ueber den zustand der konzentration in den der meditation zu gelangen. dies ist alles andere als einfach. die erste schwierigkeit besteht darin, eine halbe stunde still zu sitzen. inder moegen das am boden sitzen gewoehnt sein, ich jedoch war es nicht! irgendwann fieng immer irgendwas zu schmerzen an; womit es auch gleich mit dem fokussieren des geistes vorbei war. so einfach holt sich der koerper die aufmerksamkeit zurueck;-) da gibt's nur eins: ueben, ueben, ueben.
das ziel waere, eine stunde in der meditation zu verweilen...

satsang umfasst singen und lobpreisen von gott. die texte sind in sanskirt (die aelteste sprache der welt) und werden in einfachen melodien "gechantet". ihr kennt sicher alle das beruehmte hare krishna, das auch von den beatles gesungen wurde - so muss man sich das vorstellen. es wird geglaubt, dass sich durch das chanten von mantras dessen eigenschaften im koerper manifestieren und entfalten (mantra = wortbild in sanskrit das eine bestimmte botschaft einschliesst, beim chanten wird dieses ununterbrochen wiederholt). das bekannteste mantra ist wahrscheinlich "om", der urklang der die einheit gottes und der ganzen welt umfasst. dieses chanten war fuer mich ziemlich ungewoehnlich. ich verstand zwar sinn und zweck, fand die vorstellung faszinierend, konnte mich aber irgendwie nicht so richtig dafuer begeistern. so summte ich nur still und bescheiden mit, statt inbruenstig mitzusingen.

asana yoga umfasst das, was bei uns allgemein unter yoga verstanden wird: die koerperuebungen. solche uebungen haben wir alle schon irgendwann im schulturnen gemacht - gar nicht so schlecht, unsere schulgymnastik. die bekanntesten figuren sind kopfstand, schulterstand, oberkoerper seitlich dehnen, oberkoerper vorwaerts dehnen usw. der unterschied besteht darin, dass im yoga nicht eine bestimmte figur erreicht werden muss, sondern dass der koerper nur soweit gedehnt werden soll, wie er es im jeweiligen moment zulaesst. grosses gewicht wird auf die richtige atmung gelegt. der koerper wird langsam in die entsprechende position gebracht, dort soll er einige minuten verbleiben ehe er wieder langsam aus der position herauskommt. diese positionen oder figuren werden asanas genannt. die uebungen sollten taeglich zwischen einer halben und zwei stunden ausgefuehrt werden. begonnen wird mit dem entspannen des koerpers. danach folgen atemuebungen um die goettliche energie im koerper zu steigern und die beiden gehirnhaelften zu balancieren. die folgende aufwaermuebung heisst "surya namaskar" (sonnen-gebet), eine bewegungsabfolge die alle teile des koerpers beruecksichtigt. dann kommen die asanas. es gibt 12 hauptfiguern mit jeweiligen variationen und fortgeschrittenen positionen (z.b. spagat). wichtig ist, dass man zwischen den asanas immer wieder in die entspannungs-position zurueckkehrt, die entstandenen spannungen loest und sich mental auf die naechste figur vorbereitet. zum schluss wird nochmals ganz tief entspannt.
die asanas haben mich echt begeistert. es ist gut nachvollziehbar welche wirkung die uebungen auf den koerper haben. die figuren halten nicht nur gelenke und muskeln in schwung, sondern aktivieren auch alle inneren organe. ich war froh, dass die meisten asanas fuer no-sport-freaks wie mich problemlos zugaenglich sind. als kroenung habe ich auch den ersten kopfstand meines lebens gemeistert - ich kann ihn zwar noch nicht zehn minuten halten, aber auch hier gilt: ueben, ueben, ueben:-))

karma yoga bedeutet soviel wie dienst an der gemeinschaft. jeder soll sich an den taeglich anfallenden arbeiten beteiligen, ohne dafuer eine anerkennung zu erwarten. natuerlich umfassen diese aufgaben heiss geliebte taetigkeiten wie klo putzen, boden wischen, muell einsammeln... manuela und ich durften das essen servieren. dabei mussten wir zuerst grosse eimer mit essen ueber unzeahlige treppenstufen und endlose gaenge von der kueche in die speise-halle schleppen. strohmatten wurden auf dem boden ausgerollt, teller und becher verteilt. die hungrigen yoga studenten sassen in 2 - 3 langen reihen mit gekreuzten beinen eng nebeneinander. wir gingen den reihen entlang und schoepften eine kelle nach der anderen. es war wie fliessbandarbeit, nicht so elegant wie im sacher salzburg. da waehrend den mahlzeiten nicht gespochen werden durfte, war es zwischendurch recht schwer zu erkennen ob jemand noch mehr haben wollte oder nicht. es war eine gute erfahrung mit zahlreichen kleinen, aber feinen erlebnissen. im westen wuerde man dazu wohl erlebnisgastronomie sagen...

wie ihr dem tagesablauf entnehmen koennt, gab es nur zwei mahlzeiten am tag. dies war ueberraschenderweise ueberhaupt kein problem und ich hatte die ganzen drei wochen nie hunger gelitten. die mahlzeiten waren eher einfach gehalten mit reis, gemuese, fruechten etc. natuerlich 100% vegetarisch und ohne eier und milchprodukte (ausgenommen buttermilch, die ich leider nicht mag). fuer die schleckmaeuler gab es zwischendurch kekse, getrocknete fruechte, fruchtsaefte und kokosnuesse zu kaufen. es hat uns an nichts gefehlt. interessant, wie wenig nahrung wir wirklich brauchen!

taeglich wurde ein yoga vortrag ueber die verschiedenen aspekte und philosophien gehalten. so lernten wir zu verstehen warum wir im ashram was wie taten. ich habe in den obigen abschnitten versucht, die einzelnen punkte im tagesablauf umfassend darzustellen, ohne dabei zu fest in die tiefe zu gehen. ich hoffe, dies ist mir in einer verstaendlichen form gelungen. ausfuehrlichere informationen ueber die gruender des ashram (swami sivananda und swami vishnu devananda) und darueber was yoga eigentlich ist und beinhaltet werde ich in den naechsten tagen auf unserer website unter impressionen veroeffentlichen. wer tief in yoga eintauchen oder sich ein bild ueber das ashram machen moechte, kann die sivananda website besuchen.

ueber die feiertage kamen wir in den genuss des yoga ayurveda & kultur programmes. dies beinhaltete nebst einer kleinen preiserhoehung kulturelle abendveranstaltungen und interessante vortraege. wir lernten in zwei wochen auf aeusserst angenehme art und weise viel wissenswertes ueber indiens tanz, theater und musik. es war fast wie zu hause vor dem fernseher: zuruecklehnen, einschalten, geniessen - und das alles ohne werbeunterbrechung!

wir sahen bharata natyam, klassischen indischen tanz; kathakali, weltberuehmtes tanztheater aus kerala mit ungewoehnlichen kostuemen und aufwendigem make-up; kalarippayattu, kampfsportart aus kerala, angeblich die mutter von karate und kung fu.
wir hoerten konzerte mit santoor, aehnlich dem hackbrett; floete, das gleiche was es bei uns gibt, nur aus bambus; sitar, saiteninstrument mit grossem bauch und sentimentalem klang; veena, saiteninstrument mit noch groesserem bauch; und eine demonstration wie musik als therapie wirkt.
wir besuchten vortraege ueber die heilende wirkung von yoga, ergebnisse einer studie wie yoga auf menschen mit herzbeschwerden und krebs wirkt; yoga des herzens, es gibt nicht nur koerper, geist und seele sondern auch noch das herz; vastu, die angebliche grundlage von feng shui aus indien; ayurveda, leider drei lesungen ueber die grundlegenden elemente statt vertiefende einblicke. kleines detail am rande: ayurveda, die indische lehre ueber das wohlbefinden des koerpers befasst sich zu 80% damit, wie der koerper gesund bleibt, und nur zu 20% mit dem heilen von krankheiten - wie ist das nochmals in der westlichen medizin... wir hatten auch gelegenheit einen ayurveda kochkurs zu besuchen. die thematik waere hoch interessant, leider hielt der vortrag den erwartungen nicht stand;-)

es waren zwei lehrreiche wochen mit vielen neuen eindruecken. wir lernten indien von einer anderen, faszinierenden seite kennen. es ist unglaublich wie hier alles aufeinander abgestimmt scheint: religion, philosophie, gesundheit, medizin, ernaehrung... alles geht nahtlos ineinander ueber, ist auf den gleichen grundsaetzen aufgebaut. hier weiss jeder warum man was wie tut. das jahrtausende alte erbe wird geschaetzt und gepflegt. es lebt und ist die grundlage des indischen alltages.

wie haben wir die feiertage im ashram erlebt?
heilig abend begann kulturell mit der kathakali vorstellung. die halle war mit weihnachtsbaum und krippe geschmueckt, was zumindest ein bisschen an weihnachten im winterlichen europa erinnerte. schnee gab es leider keinen - wie ich gehoert habe, bei euch auch nicht... dann wurde eine stunde lang weihnachts ieder gesungen. wir hoerten die geschichte von jesu geburt aus dem lukas evangelium. punkt mitternacht tauchte santa claus auf. er hatte fuer jeden ein kleines geschenk mitgebracht und animierte uns mit wunderschoen kitschiger keyboard-musik zum tanzen. zum abschluss gab es einen suessen weihnachts cake.

zu silvester gab es das sitar-konzert. dies zog sich etwas in die laenge und man musste aufpassen, dass man nicht schon vor mitternacht einschlief. danach gingen wir ans ufer des stausees und liessen so richtig feuerwerk krachen. indische maenner werden dabei zu kleinen jungs deren begeisterung beim abbrennen von knallkoerpern keine grenze kennt. mit dem anzuenden des bonfire wurden die besten voraussetzungen fuer ein glueckliches neues jahr geschaffen. ins neue jahr "schwebten" wir in stiller meditation. eine etwas andere, sehr schoene art, den datumswechsel zu erleben. zum abschluss gab es wieder einen leckeren cake, diesmal schokolade. ich ass drei stueck und hatte am ersten januar bauchschmerzen.

was sonst noch geschah...
die unangenehmste begegnung hatten wir mit bettwanzen, die den halben ashram munter am kratzen hielten. ich bin mir nicht sicher, ob die bewusst zum programm gehoerten, da sie einem lernen, unbequemen situationen mit gleichmut und ausdauer zu begegnen.
das leben im ashram war einfach, aber nicht spartanisch. manuela und ich hatten ein doppelzimmer mit geraeumigem bad. bei den zwei mahlzeiten konnte man immer soviel essen wie man wollte. abends lud das sivananda pub zum geselligen zusammensein bei tee und keksen ein. langer rede kurzer sinn, es fehlte uns an nichts.
einige male mussten wir schon um 05.00 h aufstehen. ein stiller morgenspaziergang auf einen nahe gelegenen huegel stand auf dem programm. der steile anstieg wurde mit unvergesslicher sonnenaufgangs-stimmung belohnt. schon wieder ein grund frueh aufzustehen...

last but not least haben wir uns im ashram einige ayurveda massagen gegoennt. man legt sich dazu auf einen grossen holztisch, der mit holzraendern begrenzt ist - damit das medizinische oel, mit dem man eingeschmiert wird, nicht auf den boden tropfen kann. nach besagter "oelung" geht der masseur ans werk. es werden nicht wie bei uns primaer die muskeln, sondern vielmehr die marmas (verschiedene koerperpunkte, aehnlich den chinesischen akku-pressur-punkten) massiert. dadurch werden alle teile des koerpers, insbesondere auch die organe, aktiviert. ayurveda massagen sollte man regelmaessig, ca. 1 mal im monat, geniessen. so koennen sie ihre praeventative und reinigende wirkung entfalten. diesen rat haben wir uns natuerlich gleich ganz dick hinter die ohren geschrieben!

die drei wochen in neyyar dam waren wirklich spannende. wir haben viel gesehen, erlebt und kennengelernt. die zeit zaehlt zu der intensivsten, die wir in indien erleben durften, voller anregungen und denkstoff. der kroenende abschluss war der besuch bei amma und ein ausflug nach kanyakumari, dem suedlichsten punkt indiens. darueber berichte ich das naechste mal. jetzt haben wir uns eine pause verdient. wenn ich mich irgendwo unklar ausgedrueckt habe oder ihr mehr zu einem thema wissen wollt: feel free to ask!




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